Über alle Varianten, Methoden und Motiven, sich zu Fuss, mit dem Velo oder im Rollstuhl auf einen Weg zu machen, erfährt man immer mehr vom Wunsch, alten Kulturwegen zu folgen.
Korrekt laute die Bezeichnung "Die Wege der Jakobspilger". Das angebliche Grab des Heiligen Jakobus, ein Apostel im Gefolge von Jesus, wurde im Jahr 813 entdeckt. Die Leute aus dem Norden und Osten Europas zu motivieren, dieses Grab zu besuchen, war sicher auch ein Mittel, um die von den Mauren zur damaligen Zeit zurückeroberte Region von Nordspanien unter christlicher Kontrolle zu behalten.
Dafür mussten aber keineswegs neue Wege geschafften werden. Es gab schon seit einigen Jahrhunderten in ganz Europa ein gut ausgebaute Wegnetz der Römer. Die Römer haben ihre Wege so gut konstruiert, dass einige noch heute unverändert als Fusswege genutzt werden. Legt man eine Karte der bekanntesten Jakobswege über eine Karte der Römerwege ums Jahr Null, erkennt man, dass die Pilger diesen Wegen teils heute noch folgen. Einzig wo neueren Bauten in Form von Autobahnen oder Schnellstrassen ausgewichen werden muss, sind kurze Abschnitte Pilgerwege neu erstellt worden.
Der heilige Jakobus der Ältere – Apostel und Patron der Pilger (Link)
Aber schon vor den Römern wurden Strassen und Wege gebaut, die heute noch in Betrieb sind. Bekanntes Beispiel ist die Via de la Plata, welche von Sevilla aus Richtung Norden führt. Das Wort Plata hat aber dabei nicht die Bedeutung von Silber, wie das in der spanischen Sprache üblich ist, sondern wurde schon von den Mauren "Bal'latta" genannt, was "breiter gepflasterter Weg" bedeutet. Archäologisch festgestellt wurde aber, dass der Ursprung schon vor der Zeit der Römer zu suchen ist und die Römer nur für den Ausbau zur befahrbaren Römerstrasse besorgt waren. Heute ist es ein Jakobsweg, der teils durch die Extremadura, einer einsamen aber wunderschönen Landschaft führt. Ein beeindruckender Kultur- und Pilgerweg.
Nachdem zahlreiche in heutiger Zeit gerne genutzten Wege ihren Ursprung teils vor sehr langer Zeit haben, gehören sie damit berechtigterweise zum Kulturgut der Menschen. Primär die katholische Kirche hat diese Wege oft als "katholische Pilgerwege" annektiert. So etwas würde man in modernen Zeiten als kulturelle Aneignung bezeichnen, doch da dies im Mittelalter schon geschah, bedarf es wohl kaum einer Korrektur. Wir wissen ja, dass es keine Wege einer spezifischen Religion sind, sondern solche mit älterem Ursprung und kultureller Bedeutung.
Kulturwege entstanden nicht nur in grauer Vorzeit, sie entstehen auch heutzutage immer wieder.
Ein Beispiel ist die "Voie de la Liberte" in Frankreich. Auf diesem Weg stiess die amerikanische Armee vom Atlantik her in Richtung Paris vor. Gelandet am 6. Juni 1944 bei Sainte-Mère-Eglise führte der Weg der Befreiungstruppen über 1145 km bis nach Bastogne in Belgien.
Am 16. August 1944 erreichten sie Chartres. Seit je her bewundern Pilger die beeindruckenden Kirchenfenster der Kathedrale von Chartres. Am 16 August 1944 vermutet man, dass ein deutscher Beobachter im Kirchenturm das Feuer der deutschen Artillerie auf die Alliierten lenken werde, was grösste Verluste zur Folge hätte. Oberst Welborn Barton Griffith, Jr. (1901-1944) kannte diese schönen Fenster und wollte sie, wenn möglich, erhalten. Anstatt einfach die Kathedrale zu zerstören, fuhr der Oberst zusammen mit einem Soldaten mitten in die Stadt Chartes, wo er feststellte, dass von der Kathedrale keine Gefahr aus ging. Deshalb können wir diese Fenster auch heute noch bewundern.
Oberst Welborn Barton Griffith, Jr. (1901-1944)
Die Voie de la Liberté ist inzwischen eine historische Strecke in Nordfrankreich, Luxemburg und Belgien, welche den Verlauf der Befreiung durch die Alliierten nach dem D-Day das Ende des Zweiten Weltkrieges darstellt. Die Länge beträgt 1446 km, jeder Kilometer ist durch einen Kilometerstein (Borne) markiert. In Chartes begegnet sie einem Jakobsweg, der von Paris aus kommend ab Irun als "Camino del Norte" nach Santiago de Compostela führt.
Die feierliche Eröffnung erfolgte am 18. September 1947 in Fontainebleau
Als Kulturwege können wir alte Wege unsere Vorfahren nutzen, ohne uns etwas anderem verbunden zu fühlen, als unserer eigenen Kultur.
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